Gewaltschutz und Flucht:
Begriffserklärungen / Glossar

Grundsätzlich bestehen unterschiedliche Gründe für einen Aufenthalt in Deutschland. Zum einen gibt es den Aufenthalt aus humanitären oder politischen Gründen (Asyl, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, Abschiebeverbot, Härtefall). Darüber hinaus gibt es Aufenthalt aus familiären Gründen (Geburt, Ehe, Familiennachzug) und schließlich den Aufenthalt zur Ausbildung, zum Studium oder zur Arbeit.

Gleichzeitig kann aber auch während des Asylverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen gearbeitet werden. Oder ein anerkannter Flüchtling bekommt ein Kind, was Auswirkungen auf den Aufenthaltstitel haben kann. Dies kann einen sogenannten „Spurwechsel“ bedeuten, also z.B. einen Wechsel aus dem humanitären in einen Aufenthalt aus familiären Gründen.

Zunächst muss geklärt werden, was die aktuelle Grundlage des Aufenthaltes ist, von welchen Voraussetzungen der Aufenthalt abhängt, um dann zu prüfen, welche Rechte und Pflichten daran geknüpft sind.

In diesem FAQ stehen die Fragen des humanitären Aufenthaltes im Mittelpunkt. Außerdem werden häufige „Spuränderungen“, so z.B. bei Aufnahme einer Ausbildung, Arbeit oder bei der Geburt eines Kindes, mitbesprochen.

Schutzstatus

Bei jedem „Asylantrag“ (Schutzantrag) wird vom Bundesamt in dem folgenden Asylverfahren in absteigender Reihenfolge geprüft ob:

  • die Person asylberechtigt im Sinne des Art 16 a des Grundgesetzes ist
  • als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen ist (§ 3 AsylG)
  • ihr subsidiärer Schutz zugesprochen werden muss (§ 4 AsylG)
  • oder andere Abschiebeverbote hinsichtlich ihres Herkunftsstaates bestehen (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG).

Inzwischen wird in der Regel von internationalem Schutz gesprochen. Der Begriff internationaler Schutz kommt aus dem europäischen Flüchtlingsrecht. Sowohl der Flüchtlingsschutz als auch der subsidiäre Schutz werden dort beide als internationaler Schutz bezeichnet.

Aufenthaltsgestattung

Asylsuchenden ist für die Dauer des Asylverfahrens der Aufenthalt in Deutschland rechtlich gestattet. Sie erhalten nach Antragstellung zunächst für die ersten Tage einen so genannten Ankunftsnachweis und ab förmlicher Asylantragstellung für die Dauer des gesamten Verfahrens die „Aufenthaltsgestattung“ genannte Bescheinigung in Form einer grünen Klappkarte. Die Aufenthaltsgestattung ist kein Aufenthaltstitel, sondern bescheinigt nur den rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland bis zur Entscheidung über den Asylantrag. Sie gilt also auch für die Dauer eines möglichen Gerichtsverfahrens nach Ablehnung des Asylantrags durch das BAMF.

Die Aufenthaltsgestattung erlischt, wenn die Entscheidung des BAMF über den Asylantrag endgültig, d.h. unanfechtbar, geworden ist oder unabhängig von dieser Entscheidung, etwa wenn ein Asylantrag zurückgenommen wird.

Beachte: Die Aufenthaltsgestattung wird oftmals für die Dauer von sechs Monaten, in einigen Bundesländern sogar für die Dauer eines Jahres ausgestellt und verlängert. Wenn aber innerhalb dieses Zeitraums eine unanfechtbare negative Entscheidung über den Antrag ergeht, „gilt“ die Gestattung ab dieser endgültigen Entscheidung nicht mehr. Die Person ist dann zur Ausreise verpflichtet. Wenn diese mangels Passbesitz o.a. nicht (gleich) möglich ist, wird sie aufgefordert die Aufenthaltsgestattung abzugeben und erhält in der Regel eine Duldung.

Wohnsitznahmeverpflichtung (nicht zu verwechseln mit „Wohnsitzauflage“, siehe dazu unten, §47 ff. AsylG)

Mit der so genannten Wohnsitznahmeverpflichtung wird Asylsuchenden für das gesamte Asylverfahren vorgeschrieben, an welchem Ort sie ihren festen Wohnsitz haben, also leben und registriert sein müssen. Die Wohnsitznahmeverpflichtung gilt wie die Residenzpflicht vom ersten Tag an.

Auch bei einem Umzug in eine private Wohnung oder in eine Gemeinschaftsunterkunft besteht weiter die Verpflichtung, in einem vorgeschriebenen Landkreis oder einer kreisfreien Stadt zu wohnen.

Mit dem „ Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung“ (in Kraft seit August 2019) wurde geregelt, dass asylsuchende Personen nunmehr verpflichtet sind, ab Antragstellung bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag oder im Falle der Ablehnung ihres Asylantrags bis zu ihrer Ausreise oder ihrer Abschiebung in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Diese Pflicht darf allerdings längstens 18 Monate, bei Familien mit Kindern längstens sechs Monate, gelten.

Residenzpflicht

Residenzpflicht bedeutet, dass der Bewegungsradius einer betreffenden Person auf die Stadt oder den Landkreis begrenzt ist und sie nicht ohne Erlaubnis an einen anderen Ort reisen darf. Grundsätzlich benötigt die Person dann eine Erlaubnis des Bundesamtes oder der zuständigen Ausländerbehörde, um sich außerhalb des ihr zugewiesenen Gebietes zu bewegen. Für die Wahrnehmung eines Termins bei einer Behörde oder einem Gericht, bei dem das persönliche Erscheinen erforderlich ist, bedarf es keiner vorherigen Erlaubnis zum Verlassen des zugewiesenen Aufenthaltsortes.

Die Residenzpflicht gilt für Personen im Asylverfahren ab dem Tag der Antragstellung und endet laut Gesetz nach drei Monaten (§59 a AsylG), es sei denn die Person ist auch über die drei Monate hinaus verpflichtet, in einer (Erst-) Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

Eine Residenzpflicht kann auch später erneut angeordnet werden, etwa wenn die Person Straftaten begangen hat (mehr dazu unter 1.3).

Wohnsitzauflage

Eine Aufenthaltserlaubnis kann mit einer Bedingung oder einer Auflage versehen werden. Eine wichtige solcher Nebenbestimmungen ist die Wohnsitzauflage, mit der insbesondere Personen, die über einen humanitären Aufenthaltstiteln verfügen, verpflichtet werden, in einem bestimmten Bundesland oder an einem bestimmten Ort zu wohnen.

Diese Wohnsitzauflage im eigentlichen Sinne betrifft also nicht Personen im laufenden Asylverfahren oder Menschen mit Duldung, sondern Personen, die bereits einen Aufenthaltstitel haben. Sie wird in der Regel so lange ausgesprochen, wie die betreffende Person staatliche Transferleistungen bezieht.

Einem Antrag auf länderübergreifenden Wohnortswechsel soll insbesondere zugestimmt werden, wenn an dem neuen Wohnort der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme staatlicher Leistungen gesichert ist, wenn damit das Zusammenleben mit Ehe- oder Lebenspartner*in ermöglicht wird, oder eben zum Schutz vor Gefährdungen durch Familienangehörige oder Partner*innen.

Aufhebung der Wohnsitzauflage bei Gewalt:

Die Wohnsitzauflage kann bei geschlechtsspezifischer Gewalt aufgehoben werden. Die betroffene Person hat dabei eine Mitwirkungspflicht. Sie muss im Rahmen des Aufhebungsantrags grundsätzlich ihre Umstände darlegen. Geeignete Nachweise sind etwa ärztliche Atteste oder Krankenhausberichte über physische oder psychische Verletzungen, die Aufnahmebestätigung eines Frauenhauses, Strafanzeigen, gerichtliche Schutzanordnungen sowie gerichtliche Wohnungszuweisungen nach dem Gewaltschutzgesetz oder auch nachvollziehbare Stellungnahmen von anerkannten Opfer- und Fachberatungsstellen. Hinreichend dargelegte und nachgewiesene Gewaltschutzfälle stellen immer einen Grund zur Streichung der Wohnsitzauflage dar. In besonderen Ausnahmesituationen, in denen eine dringende Schutzbedürftigkeit offensichtlich ist, soll auch von der Vorlage eines Nachweises abgesehen werden.

Neu hinzugekommen ist im Sommer 2016 eine entsprechende Regelung für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Diesen wird mit der Wohnsitzauflage aus § 12a AufenthG vorgeschrieben, dass sie für die Dauer von drei Jahren ab Anerkennung in dem Bundesland wohnen bleiben müssen, das auch für ihr Asylverfahren zuständig war. Selbst Flüchtlinge genießen somit nach ihrer Anerkennung nicht mehr die Freizügigkeit, innerhalb der Bundesrepublik zu leben, wo sie möchten. Das Gesetz ermöglicht darüber hinaus sogar konkret zu bestimmen, in welcher Kommune die betreffende Person ihren Wohnsitz nehmen muss. In den Fällen der Aufnahme eines Studiums, einer Ausbildung oder einer Arbeit oder zur Vermeidung einer Härte kann eine solche Wohnsitzauflage selbstverständlich aufgehoben werden (vgl. Kapitel 6.2. und 7).

 

Aufenthaltsbeendigung/Ausreiseverpflichtung

Grundsätzlich bedarf jeder Aufenthalt einer Person aus einem Staat, der nicht zur Europäischen Union gehört, einer Erlaubnis. Die Person ist zur Ausreise verpflichtet, wenn die Erlaubnis zum Aufenthalt nach einer Zeit abläuft oder durch eine negative Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis endet, oder zum Beispiel ein Asylverfahren endgültig, rechtskräftig negativ abgeschlossen wird.

Nicht immer bedeutet dies gleichermaßen, dass eine Person auch sofort das Land verlässt bzw. verlassen kann. Manchmal scheitert die Ausreise an tatsächlichen oder rechtlichen Hindernissen, so zum Beispiel weil ein Pass zur Ausreise fehlt, weil sich die Person im Mutterschutz befindet und deshalb nicht reisen kann, weil das Herkunftsland keinen Flughafen hat oder aus anderen Gründen. In diesen Fällen wird der Person eine Duldung ausgestellt.

Duldung

Eine Duldung wird erteilt bei einer „vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Personen ohne deutschen Pass. Das bedeutet: Die Duldung ist KEIN Aufenthaltstitel und begründet daher auch keinen rechtmäßigen Aufenthalt. Geduldete sind zum Beispiel, weil ihr Aufenthalt endet oder das Asylverfahren endgültig negativ abgeschlossen ist, weiterhin zur Ausreise verpflichtet. Diese Pflicht kann nur aus bestimmten Gründen (z.B. Krankheit, Passlosigkeit u.a.) derzeit oder auch länger nicht durchgesetzt werden.

Ausweisung

Im Unterschied zur Abschiebung, mit der die Aufenthaltsbeendigung behördlich durchgesetzt wird, wird mit der Ausweisung allein ein etwaiges Aufenthaltsrecht entzogen und ein Wiedereinreiseverbot statuiert.

Personen ohne deutschen Pass können ausgewiesen werden, also ihr Aufenthaltsrecht verlieren, wenn sie wegen begangener Straftaten in erheblichem Umfang verurteilt wurden oder aus anderen Gründen als besonders „gefährlich“ für die Allgemeinheit angesehen werden und deshalb eine Abwägung zwischen dem staatlichen Ausweisungsinteresse und ihrem privaten Bleibeinteresse zu Lasten der Personen durchgeführt wird.

Bis 2015 galt als ein „besonders schweres“ Ausweisungsinteresse, wenn die Person zu mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Nach den Vorfällen von Köln an Silvester 2015/16 wurde ein neuer Ausweisungsgrund geschaffen: Wenn eine Verurteilung wegen Straftaten gegen Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung oder Eigentum erfolgte oder im Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bestand, dann reichte auch eine Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Nach weiterer Gesetzesänderung reicht inzwischen für die Ausweisung auch eine Verurteilung zu einem Jahr auf Bewährung wegen einer einfachen Körperverletzung. Auch der unberechtigte Bezug von Sozialleistungen oder ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz sollen nun bereits ab einer Verurteilung zu einem Jahr für eine Ausweisung ausreichen.

In jedem Fall muss die Behörde oder bei Anfechtung der Entscheidung das Gericht für den konkreten Einzelfall abwägen, ob das Interesse der Bundesrepublik daran, dass die Person das Land verlässt, stärker wirkt als deren Bleibeinteresse. Hierbei sind insbesondere die ‚Verwurzelung‘ in Deutschland und der Aufenthaltsstatus von Bedeutung.

Auch eine Person die ausgewiesen wurde, muss aber nicht in jedem Fall das Land verlassen bzw. wird nicht zwingend abgeschoben. Denn wenn sie z.B. als Flüchtling anerkannt wird und feststeht, dass ihr in ihrem Herkunftsland Folter oder menschenrechtswidrige Behandlung droht, wird sie auch dann in der Regel nicht abgeschoben, wenn sie sich hier (erheblich) strafbar gemacht hat. Es wird ihr dann jedoch auch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Vielmehr bleibt eine solche Person oftmals dauerhaft auf dem Status einer Duldung.

Abschiebung

Abschiebung ist schließlich der Vollzug der Ausreiseverpflichtung. D.h. einer Abschiebung geht in jedem Fall eine Entscheidung voraus, mit der der Aufenthalt beendet oder nicht weiter verlängert wurde. Außerdem ist die Person in den allermeisten Fällen zunächst aufzufordern, freiwillig das Land zu verlassen und damit ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Erst wenn die Person nicht freiwillig ausreist, kann die Behörde die zwangsweise Rückführung vorbereiten sowie durchführen und abschieben.