bff zu Hatespeech-Urteil im Fall von Renate Künast
In den vergangenen Tagen wurde viel über beleidigende und gewaltvolle Kommentare gegen die Bundestagsabgeordnete Renate Künast berichtet.
Das Landgericht Berlin hatte in einem Beschluss vom 9. September 2019 zahlreiche dieser sexistische Beleidigungen und Vergewaltigungsandrohungen als noch rechtmäßig eingestuft. Es handele sich im konkreten Kontext um Meinungsäußerungen mit „Sachbezug“ und nicht um strafbare Beleidigungen.
Dieser Beschluss ist ein falsches Signal für alle Betroffenen von digitaler Gewalt, auch wenn die wenigsten juristisch dagegen vorgehen.
Hatespeech gegen Frauen ist eine Form von digitaler geschlechtsspezifischer Gewalt und ebenso ein Ausdruck struktureller Gewalt- und Machtverhältnisse. Ziel ist es, Frauen und andere marginalisierte Geschlechter einzuschränken, sie zu kontrollieren oder von weiteren Äußerungen und gegenseitigem Empowerment abzuhalten. Auch bei digitaler Gewalt in der Partnerschaft spielen sehr ähnliche Mechanismen eine Rolle. Digitale Gewalt ist hier zum Beispiel: Stalking, Kontrolle mit SpyApps, Bedrohung und Diffamierung durch das Versenden von intimen Bildern.
Die knapp 200 bff-Fachberatungsstellen erleben in ihrer Beratungspraxis regelmäßig, welche massiven Auswirkungen digitale geschlechterspezifische Gewalt für Betroffene hat und wie erfolglos und belastend die strafrechtliche Verfolgung sein kann. Fachberatungsstellen beraten Betroffene und unterstützen bei juristischen Schritten. Aber nicht alle Betroffenen können oder wollen sich juristisch gegen digitale Gewalt wehren. Auch ihre Erfahrungen sind relevant für eine dringend notwendige gesellschaftliche Diskussion.
Es ist Zeit, digitale Gewalt als Teil von struktureller und misogyner Gewalt zu benennen und gesamtgesellschaftliche Veränderungen anzustoßen.
Renate Künasts Anwält*innen haben angekündigt Berufung einzulegen. Wir sind solidarisch mit ihrem Einsatz gegen Hatespeech und wünschen ihr viel Kraft.
Informationen über digitale Gewalt, was dagegen getan werden kann und wo es Beratung gibt, finden Betroffene und Unterstützer*innen auf unserer Online-Plattform: www.aktiv-gegen-digitale-gewalt.de
Im bff gibt es seit 2017 das Projekt bff: aktiv gegen digitale Gewalt: www.frauen-gegen-gewalt.de/de/bff-aktiv-gegen-digitale-gewalt