Nein heißt Nein!
Das Gesetzgebungsverfahren: Der lange Weg bis zum zum einstimmigen Beschluss
Trotz der Kritik der Frauenverbände war das Justizministerium noch bis in das Jahr 2015 hinein der Ansicht, dass die deutsche Rechtslage den Anforderungen der Istanbul-Konvention entspräche. Im Dezember 2015 veröffentlichte das Justizministerium einen Gesetzentwurf, der anerkannte, dass im Sexualstrafrecht Schutzlücken geschlossen werden müssen, aber weiterhin keinen Paradigmenwechsel zu einem Nein heißt Nein darstellte.
Der bff und viele andere Organisationen kritisierten in ihren Stellungnahmen den nicht vollzogenen Paradigmenwechsel in diesem Entwurf. Immernoch sollte es darauf ankommen, ob sich eine betroffene Person gegen den Übergriff gewehrt hatte oder warum ihr dies nicht gelungen war.
Die Fraktionen der Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen veröffentlichten jeweils eigene Gesetzesentwürfe, in denen die „Nein heißt Nein“-Regelung umgesetzt wurde.
Im April 2016 gründete sich das Bündnis „Nein heißt Nein“, an dem neben dem bff auch der Deutsche Frauenrat, der Deutsche Juristinnenbund (djb), die Frauenhauskoordinierung (FHK) der Koordninierungskreis gegen Menschenhandel (KOK), TERRE DES FEMMES, UN Women Deutschland sowie die Zentrale Informationsstelle der Frauenhäuser (ZIF) beteiligt waren.
In einem offenen Brief forderte das Bündnis gemeinsam mit vielen anderen Verbänden sowie prominenten Unterzeichner*innen von der Politik eine umfassende Reform, nach der ein Nein ausreichen sollte. Der Brief wurde im April 2016 an Angela Merkel sowie alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages verschickt und kann hier nachgelesen werden:
Offener Brief des Bündnisses „Nein heißt Nein“
Nach zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen, Pressemitteilungen und Gesprächen zwischen Verbänden und Bundestagsabgeordneten kamen schließlich immer mehr Abgeordnete zu der Ansicht, dass eine umfassende Reform erforderlich sei. Wichtig war dabei auch die parallel laufende Initiative des Bundesrates, der sich ebenfalls klar für eine „Nein heißt Nein“-Regelung ausgesprochen hat. Auch die Debatte nach den sexuellen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht trug dazu bei, dass das Thema eine breite Öffentlichkeit erreichte.
Am Vorabend der ersten Lesung fand im Bundestag ein nicht-öffentliches Gespräch statt, bei dem sich alle Expert*innen für eine „Nein heißt Nein“-Regelung aussprachen. Nach diesem Abend war erstmals klar, dass es eine wirkliche Chance auf Nein heißt Nein gibt.
Am nächsten Tag (28.04.2016) fand die erste Lesung im Bundestag statt. Auch hier sprachen sich bis auf den Justizminister alle Redner*innen für eine „Nein heißt Nein“-Lösung aus.
Am 01.05.2016 verkündeten schließlich die beiden Fraktionsvorsitzenden von Union (Volker Kauder) und SPD (Thomas Oppermann), dass der Maas-Entwurf zu einem „Nein heißt Nein“ nachgebessert werden wird.
Bei einer Anhörung im Rechtsausschuss am 01.06.2016 wurde ein „Eckpunktepapier“ ausgelegt, in dem Frauen aus der Union und der SPD erste Formulierungsvorschläge für ein neues Gesetz aufgeschrieben hatten. Thema der Anhörung war somit das Eckpunktepapier und die Frage, wie ein Nein heißt Nein ausgestaltet werden könnte.
Im Zeitraum zwischen dieser Anhörung und dem Tag der zweiten und dritten Lesung und Beschlussfassung (07.07.) wurde ein Änderungsantrag zum Gesetzentwurf formuliert.
Bei der Beschlussfassung am 07.07.2016 im Deutschen Bundestag begrüßten die Redner*innen aller Fraktionen den Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht.
Der Beschluss hierzu fiel einstimmig. Zwischen den Fraktionen umstritten waren die gleichzeitig vorgelegten Änderungen im Ausweisungsrecht, die lediglich mit den Stimmen der Koalition verabschiedet wurden.
bff-Pressemitteilung vom 7.7.2016: Nein heißt Nein: Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht
Nachdem der beschlossene Gesetzestext am 23.9.2016 im Bundesrat diskutiert worden war, unterzeichnete Anfang November der Bundespräsident das fertige Gesetz, sodass es am 10.11.2016 in Kraft getreten ist.
bff-Pressemitteilung vom 9.11.2016: Ab jetzt gilt im Sexualstrafrecht: Nein heißt Nein!